Westsahara: Ein Land, das (k)eins ist – Unsere Reise in die Ungewissheit 🏜️🐪
Nach drei Wochen verließen wir Marokko und wollten weiter in die Westsahara.
Vor unserer Einreise in die Westsahara haben wir uns erst einmal ausführlich über die Region (oder sollte ich besser „das Land“ sagen? 😉) informiert – denn ehrlich gesagt wussten wir vorher kaum etwas darüber. Und weil es vielen von euch vielleicht genauso geht, habe ich die wichtigsten Informationen über die Westsahara für euch zusammengestellt. 💡
Ist die Westsahara ein eigenes Land? 🤔
Hier scheiden sich die Geister (oder wohl eher die Staatsoberhäupter 😉). Die Antwort ist – wie so oft in der Politik – ein klares „Jein“.
Offiziell, inoffiziell, kompliziert
Die UNO sagt, die Westsahara sei „nicht selbstverwaltet“ – also eine Art politisches Niemandsland. Marokko hingegen behauptet, die Region gehöre ganz klar zu ihm. Gleichzeitig gibt es die Frente Polisario, die hier ihre eigene Republik ausgerufen hat, die „Saharauische Arabische Demokratische Republik“ (SADR). Diese wird sogar von einigen Ländern anerkannt – aber eben nicht von der UNO oder großen Mächten. (aber von anderen 80 Staaten)
In der Praxis sieht das so aus: Marokko kontrolliert etwa 80 % der Westsahara und hat in Städten wie Laâyoune und Dakhla viel Geld in die Infrastruktur gesteckt. Der Rest des Gebiets wird von der Frente Polisario verwaltet – aber da kommt man als Reisender kaum hin, weil da eine riesige Sandmauer mit Minenfeldern dazwischenliegt.
Warum zähle ich die Westsahara auf als eigenes Land?
Auch ich habe eine Weile überlegt, ich ob die Westsahara nun extra zählen so, oder nur als „Erweiterung Marokkos“ sehe. Aus folgenden Gründen habe ich mich entschieden, dass die Westsahara unser 32. Reiseland ist .
- Es fühlt sich anders an als Marokko.
Klar, offiziell mag Marokko das Gebiet beanspruchen, aber die Landschaft, die Kultur und die Atmosphäre sind anders. Weniger Trubel, mehr Weite, andere Menschen. Das Flair ist anders. - Die Saharauis haben ihre eigene Identität.
Die Menschen hier sind nicht einfach nur „Südmarokkaner“, sondern haben ihre eigene Kultur, Geschichte und Sprache. - Grenzen sind eine komplizierte Sache.
Politische Grenzen und gefühlte Grenzen sind nicht immer das Gleiche. Die Westsahara mag ganz offiziell kein Land sein, aber unsere Reise durch Afrika fühlt sich hier definitiv nach einem neuen Kapitel an. - In vielen geografischen Karten wird die Westsahara mit eigenen Grenzen aufgeführt.
Ist die Westsahara sicher? 🚨
Nun denk sich der ein oder andere bestimmt, dass die Westsahara aufgrund des ganzen politischen Touwabou unsicher sein könnte. Wir haben uns das natürlich auch gefragt und das Auswärtige Amt zu Rate gezogen 😅 Die schreiben, dass man Reisen durch die Westsahara nicht unbedingt machen sollte 🙈🙉🙊
Aber: Wer sich an die Hauptstraßen hält und nicht auf eigene Faust ins Hinterland abbiegt, kann die Westsahara ziemlich entspannt bereisen. Trotzdem gibt es ein paar Dinge, die man wissen sollte bzw die uns in den letzten beiden Tagen auch schon aufgefallen sind.
- Minimales Risiko für Kriminalität
Die Westsahara ist – vor allem in den von Marokko kontrollierten Gebieten – extrem sicher, was Kriminalität angeht. Es gibt kaum Diebstähle oder Überfälle, und auch Touristen werden in Ruhe gelassen. Die marokkanische Polizei und Armee sind hier sehr präsent und sorgen für Ordnung.
- Militärpräsenz und Kontrollen
Marokko betrachtet die Westsahara als sensibles Gebiet. Am Meer entlang sind uns ca. nach jedem Kilometer militärische Posten aufgefallen, die sowohl die Straße als auch die Küstenlinie im Blick haben.
Zusätzlich gibt es zahlreiche Polizeikontrollen auf den Straßen…. Wie eigentlich auch schon in Gesamtmarokko. Wir durften auch in der Westsahara an der ein oder anderen Polizeikontrolle teilnehmen 😉 Die erste lief sehr entspannt und freundlich ab: Rico wurde vom jungen Polizisten zunächst per Handschlag begrüßt und gab unsere Pässe ab. Die Beamten schrieben sich ein paar Notizen (wo kommen wir her? Wo wollen wir hin?), machten ein Foto unseres Kennzeichens und nach ein paar Minuten ging es weitergehen.
- Minensperrgebiet – Bloß nicht vom Weg abkommen!
Ein echtes Sicherheitsrisiko besteht, wenn man sich abseits der Straßen und Pisten bewegt. Der sogenannte „Berm“ – eine 2.700 km lange Sandmauer, die Marokko zur Abgrenzung der von der Polisario kontrollierten Gebiete gebaut hat – ist stark vermint. Auch in anderen abgelegenen Regionen gibt es noch ungeräumte Minenfelder. Deshalb gilt: Wir bleiben auf den offiziellen Strecken, keine wilden Offroad-Abenteuer! Auch so etwas kennen wir bereits. Denn wer im wunderschönen Bosnien-Herzegowina unterwegs ist, sollte, aufgrund von Minengefahr, zwingend auf den offiziellen Wegen bleiben.
- Politische Spannungen – kein akutes Risiko für Touristen
Der Konflikt zwischen Marokko und der Frente Polisario ist noch nicht gelöst, aber in den Gebieten, in denen sich Reisende aufhalten, merkt man davon wenig. Die letzte größere Eskalation war 2020, als es im Osten der Westsahara zu Gefechten kam – aber das ist weit weg von den touristischen Routen.
- Versorgungslage und Infrastruktur
Tanken: Kein Problem, in allen größeren Orten gibt es zahlreiche Tankstellen. Der Vorteil ist, dass hier keine Steuern gezahlt werden müssen und somit der durchschnittliche Dieselpreis bei 0,93€ liegt 😁
Lebensmittel: In den größeren Städten gibt es wohl Supermärkte mit marokkanischem Sortiment. Wir haben auch in kleineren Orten „Minimärkte“, Bäcker und Fleischer gesehen. Je weiter südlich, desto spärlicher soll die Auswahl werden.
Ankunft in der Westsahara – Sand, Schilder und schlafende Soldaten
Nach drei Wochen hieß es also für uns: Bye-bye Marokko, hallo Westsahara! Das Wetter verabschiedete uns mit einem letzten Gruß in Form von Regen und kühlen 17°C – fast wie eine kleine Erinnerung daran, dass es auch hier unten manchmal nass werden kann.🌧
Je weiter wir nach Süden fuhren, desto mehr Sand türmte sich an den Straßenrändern. Die Landschaft wurde eintöniger, aber auf eine beeindruckende Art. Steinwüsten, die sich bis zum Horizont erstrecken, immer wieder unterbrochen von Sanddünen, die vom Wind geformt werden. Die Ortschaften wirken, als hätten sie sich ergeben – der Sand hat sich durch jede Ritze geschlichen, und viele Häuser scheinen mehr Teil der Wüste als eigenständige Bauwerke zu sein.

Was mich während der Fahrt aber immer wieder aufheitert? Die „Achtung Kamel“-Schilder! Ich liebe sie. Und wenn dann tatsächlich ein echtes Kamel danebensteht – Perfekt! 🐪 Oft gucken sie gelangweilt, manchmal trotten sie seelenruhig über die Straße, als gehöre ihnen das Land. Und ehrlich gesagt – tut es das ja auch irgendwie. Besonders amüsant waren zwei Tiere, die wir schon von weitem sahen. Sie standen entspannt am Straßenrand. Doch kurz bevor wir in ihrer Nähe waren, ebenso wie ein PKW auf der Gegenfahrbahn – setzen sich die beiden Dromedare in Zeitlupentempo in Gang um die Straße zu überqueren. 😂

Unsere erste Nacht in der Westsahara verbrachten wir auf einem großen Parkplatz einer kleinen Stadt, direkt am Meer. Die Wellen rauschten, der Wind rüttelte an Charly, und nur wenige Meter entfernt hielt ein Militärposten Wache – 24 Stunden lang. Ob sie tatsächlich aufpassten oder nur körperlich anwesend waren – wer weiß 😉 Aber allein ihre Präsenz gab uns ein sicheres Gefühl.
Campingplatz-Tag: Wäsche, Werkeln und Wüstenstaub
Am zweiten Nachmittag gönnten wir uns einen kleinen Boxenstopp auf einem Campingplatz – eine willkommene Pause vom staubigen Straßenleben. Ein bisschen Wäsche per Hand schrubben👕🧦👖🩲 , endlich mal wieder eine richtige Dusche genießen (so war zumindest der Plan – in der Realität war die Dusche eisig und einfach unschön 😂) und natürlich Charly etwas Liebe schenken.🚚 Der gute alte Truck hatte es verdient, denn der feine Staub und Sand kriecht in jede noch so kleine Ritze und setzt ihm ordentlich zu. Während Rico sich also um Charly kümmerte, schnappte ich mir Orle für einen Strandspaziergang.
Lucy? Die hatte – wenig überraschend – keine Lust. Teenager und Unternehmungslust, das ist ja so eine Sache. Also zogen Orle und ich allein los. Und ich kann euch sagen: Unauffällig geht anders 🙈
Die wandelnde Attraktion am Strand
Ich meine, stellt euch das mal vor: Eine weiße Frau ohne Kopftuch, tätowierte Arme, und dann auch noch mit einem Hund an der Leine! Hier gibt es zwar jede Menge Hunde, aber die laufen alle als Straßenhunde frei herum. Ein angeleinter Hund? Das sieht man hier selten. Kein Wunder also, dass ich sofort alle Blicke auf mich zog.
Aber was soll ich sagen? Die Leute waren superfreundlich. Jeder, der mir begegnete, grüßte mich höflich, manche schauten ein bisschen neugierig, aber nie unfreundlich.
So verging der Tag mit ein bisschen Alltagspflege für Mensch, Hund und Truck.
Weiter gen Süden
Die vergangenen Tage in der Westsahara haben uns einmal mehr gezeigt, wie faszinierend und widersprüchlich diese Region ist. 200 Kilometer schnurgerade Straße durch eine scheinbar endlose Wüste. Kaum Abwechslung, keine Dörfer, keine besonderen Landschaftsmerkmale. Einfach nur Sand, Felsen und ein Asphaltband, das sich bis zum Horizont erstreckte.

Unerwartete Entdeckung: Ein Geisterschiff in der Wüste 🌊🚢
Die endlose, eintönige Landschaft zog an uns vorbei, und die Fahrt war ehrlich gesagt ziemlich langweilig – bis wir plötzlich ein altes Schiffswrack entdeckten. 🏴☠️ Ein Anblick wie aus einem Apokalypsefilm! 🎬 Wir suchten einen geeigneten Stellplatz, dann schnappten Rico und ich uns die Kamera 📸 und liefen an den Klippen entlang, während Lucy im Charly blieb – sie hatte mal wieder keine Lust. 😅
Das Wrack war beeindruckend: vom Salzwasser gezeichnet, rostig, halb versunken und dennoch voller Geschichte. ⚓ Besonders Ricos Foto hat die Atmosphäre perfekt eingefangen – ein fast menschenleerer Strand, nur eine einzelne Gestalt (ich) in der Ferne und das gestrandete Schiff als stummer Zeuge vergangener Zeiten.



Stellplatzsuche zwischen Militär und Müll
Die Suche nach einem Stellplatz gestaltete sich schwieriger als gedacht. Einerseits gibt es in dieser kargen Landschaft unzählige potenzielle Möglichkeiten zum Übernachten, doch in vielen Fällen schickt das Militär Camper konsequent weiter. Diese Küstenregion wird, wie oben beschrieben, streng überwacht.
Schließlich fanden wir einen Platz in der Nähe einer Tankstelle, direkt an den Klippen zum Atlantik. Die Aussicht war atemberaubend – der weite Ozean, die frische Brise, das Gefühl von Freiheit bei einem romantischen Sonnenuntergang.🌊🌅



Doch diese Idylle hatte ihre Schattenseite: Überall lag Müll. Ein großer Müllberg türmte sich auf, und darauf suchten bis zu sieben Straßenhunde nach Futter. Eine Hündin hatte mindestens fünf oder sechs Welpen. Der Anblick war schwer zu ertragen 😥 – kleine Fellknäuel, die zwischen Plastik und Dosen nach Essbarem suchten.
Unverhoffter Besuch mit Gewehren 🔫
Als ich am Abend mit Rico vor Charly saß und den Tag ausklingen ließen, wurden wir plötzlich von einem grell leuchtenden Scheinwerfer geblendet. Zwei Männer näherten sich – Gewehre geschultert. Mein Herz machte einen Sprung. Panik schoss mir durch den Körper. Rico blieb ruhig und sagte, ich solle es ihm gleich tun.
Als die Männer uns erreichten, wirkten sie überraschend freundlich. Nach einem kurzen, holprigen Gespräch – Sprachbarriere inklusive – kontrollierten sie unsere Pässe und fragten, ob wir hier übernachten wollten. Wir bejahten. Sie wünschten uns eine gute Nacht und verschwanden wieder in der Dunkelheit.
Trotz der häufigen Ausweiskontrollen in der Region fühlte sich diese Begegnung seltsam an. Die beiden Männer wirkten „abgefrackt“, ihre Ausrüstung war notdürftig mit Klebeband geflickt – sogar der Scheinwerfer ihrer Lampe hielt nur noch mit Klebeband zusammen. Waren sie tatsächlich Militär? Vielleicht. Wenn man die spartanischen Unterkünfte der Soldaten hier sieht, wäre es nicht verwunderlich, dass auch deren Ausrüstung in einem ähnlichen Zustand ist.
Die Nacht war unruhig. Die Straßenhunde bellten und jaulten, der Atlantik rauschte laut gegen die Klippen, und am Morgen wurde der Verkehr auf der Straße früh lebendig.
Unterwegs nach Dakhla
Heute ging es weiter Richtung Süden. Parallel zur Straße zog sich kilometerweit eine Baustelle. Unzählige Arbeiter, Bagger und tiefe Gräben – eine seltsame Szenerie mitten in der Wüste. Offenbar werden hier Wasserrohre verlegt. Ein kurioser Anblick in einer der trockensten Regionen der Welt.

Die Polizei-Kontrollen waren heute wieder zahlreich. Meist wurden wir durchgewunken, bei einer Kontrolle lediglich gefragt, wohin unsere Reise geht.
Nun stehen wir auf der Halbinsel Dakhla, auf einem freien Platz in Küstennähe. Um uns herum weitere Camper. Wahrscheinlich werden die nächsten Tage in der Umgebung verbringen, denn wir warten noch auf die Bewilligung unseres Visa-Antrags für Mauretanien.
Mal sehen, wohin der Wüstenwind uns noch trägt.
Unerwartet schnell: Visa genehmigt – Aufbruch nach Mauretanien! 🚀🌍
Kaum hatte ich meinen Bericht abgeschlossen, in dem ich noch schrieb, dass wir einige Tage in der Region um Dakhla verbringen würden, weil wir auf unsere Visa für Mauretanien warten – da warf ich einen Blick ins Onlineportal. Und siehe da: Unsere Einreiseanträge wurden bereits genehmigt! 🎉 Und das nach nur zwei Tagen – erstaunlich, wie schnell die mauretanischen Behörden arbeiten. 🚀
Damit müssen wir keine Zeit mit Warten überbrücken, sondern können unsere Reise Richtung Süden direkt fortsetzen. 🌍 Jetzt bleibt nur noch eine letzte Hürde: einen Copyshop zu finden, der unsere Visa ausdruckt. 🖨️📄

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